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Jetzt anmelden24.03.2025
Mobilität verbindet Menschen, sichert wirtschaftlichen Erfolg und prägt unsere Lebensqualität. Doch mit einer wachsenden Bevölkerung und zunehmendem Verkehrsaufkommen geraten herkömmliche Mobilitätskonzepte an ihre Grenzen: Wie reduzieren wir Emissionen und Lärm nachhaltig? Wie gestalten wir den Verkehr ressourcenschonend und energieeffizient? Und wie stellen wir sicher, dass auch ländliche Regionen gut angebunden bleiben?
Es braucht neue Lösungen, die Mobilität als ein vernetztes System aus Menschen, Fahrzeugen, Infrastruktur und Umwelt begreifen. Genau daran hat das Zukunftslabor Mobilität in den letzten fünf Jahren geforscht: digitale und datengetriebene Ansätze für eine nachhaltige, sichere und effiziente Mobilität. Auf seiner Abschlussveranstaltung am 20.03.2025 im Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) in Braunschweig stellten die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors ihre Forschungsergebnisse vor und veranschaulichten anhand spannender Exponate ihre Vision einer zukünftigen Mobilität.
Zukunftslabor Mobilität: Ein erfolgreiches Netzwerk
Prof. Dr. Peter Hecker (Vizepräsident für Forschung der Technischen Universität Braunschweig), eröffnete die Veranstaltung, indem er den besonderen Netzwerkcharakter des Zukunftslabors Mobilität hervorhob. Der Zusammenschluss wissenschaftlicher Einrichtungen und der Einbezug von Praxispartnern habe das digitale Ökosystem Niedersachsen gestärkt. Insgesamt hätten sich die acht Zukunftslabore des Zentrums für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN) zu einer hervorragenden Plattform für die Netzwerkbildung entwickelt.
Auch Rüdiger Eichel (Leiter der Abteilung Forschung, Innovation, Europa des Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur) hob die Bedeutung der ZDIN für die Digitalisierung Niedersachsens hervor. Das ZDIN sei als Experiment gestartet, verschiedene Branchen und Anwendungsbereiche zu vernetzen, gemeinsam die Digitalisierung in den Mittelpunkt zu stellen und neue Strukturen in der Zusammenarbeit zwischen Forschungsdisziplinen zu schaffen. Dieses Experiment sei erfolgreich verlaufen und werde mit den beiden neueren Zukunftslaboren Circular Economy und Wasser fortgeführt.
Der Sprecher des Zukunftslabors Mobilität, Prof. Dr. Thomas Vietor (Technische Universität Braunschweig, Niedersächsisches Forschungszentrum Fahrzeugtechnik), und der Geschäftsführer des ZDIN, Dr.-Ing. Patrick Elfert, stellten einige beeindruckende Zahlen zum Abschluss des Zukunftslabors vor: Während der fünfjährigen Laufzeit warben die beteiligten Wissenschaftler*innen knapp 100 weitere Forschungsprojekte mit einem Fördervolumen von über 50 Millionen ein. Zudem sind 162 wissenschaftliche Veröffentlichungen erschienen. Diese beeindruckenden Zahlen zeigen, dass das Zukunftslabor die wissenschaftliche Landschaft Niedersachsens nachhaltig prägt. Insgesamt waren 17 assoziierte Partner im Zukunftslabor involviert, sodass ein wichtiger Beitrag für den Wissensaustausch zwischen Forschung und Praxis geleistet wurde. Darüber hinaus hat das Zukunftslabor 202 Bachelor- und Masterarbeiten sowie Promotionen betreut. Damit leisteten die beteiligten Wissenschaftler*innen einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung von Nachwuchskräften.
Keynote zu Automobilien Wertschöpfungschancen
Prof. Dr.-Ing. Alexander Schönmann (Technische Hochschule Ingolstadt, Foresight-Institut) betrachtete in seiner Keynote „Automobile Wertschöpfungschancen 2025 + - Perspektiven der Zukunftsforschung“ die Treiber des produktionstechnischen Wandels der letzten 130 Jahre, um daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Vom Beginn der Großserienproduktion über den industriellen Wunsch nach Vielfalt, und der Just-in-Time Planung bis hin zum Outsourcing und zur Globalisierung zeige sich eine zentrale Erkenntnis: Produktinnovationen gingen mit Prozessinnovation einher. Aktuell befänden wir uns im Zeitvall der Produktinnovationen, da vernetzte Mobilität, autonomes Fahren und User Experience neue Produkte und Geschäftsmodelle hervorbringe. Demzufolge werde zukünftig die Prozessinnovation benötigt und zwar in Form von nachhaltigen, effizienten und innovativen Produktionsmethoden, z. B. in Form humanoider Roboter. Herr Prof. Schönmann betonte, dass der Wandel schon immer da gewesen sei. Die Herausforderung bestehe also nicht im Technologiewechsel, sondern im Paradigmenwechsel, Produktion neu zu denken.
Forschungsergebnisse des Zukunftslabors Mobilität
Im Zukunftslabor Mobilität forschten Wissenschaftler*innen von insgesamt acht Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen an vier zentralen Themenschwerpunkten („Central Research Fields“, kurz CRF). Auf der Abschlussveranstaltung präsentierten die Wissenschaftler*innen anhand von Versuchsträgern, Exponaten und wissenschaftlichen Postern folgende Ergebnisse:
CRF1: Smart Mobility Systems and Technologies: Fahrzeuge und Infrastruktur (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Technische Universität Clausthal, Technische Universität Braunschweig)
Die Forschung des Zukunftslabors Mobilität umfasste die Entwicklung intelligenter elektronischer Regelsysteme für autonome Elektrofahrzeuge. Ein Schwerpunkt lag auf der Verbesserung der Längs- und Querdynamik durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML). Um die Funktionen zu testen, verwendeten die Wissenschaftler*innen eine virtuelle Entwicklungsplattform, auf der sie die Systeme simulieren können, bevor sie sie in echte Fahrzeuge integrieren. Zusätzlich entwickelten sie das Prüfsystem ERAGON, mit dem sie die Funktionen in Echtzeit testen können. Ein besonderes Fahrzeug, AURONA, diente als flexibler Testträger für verschiedene Antriebs- und Lenksysteme. Weitere Informationen zur Entwicklung intelligenter Fahrfunktionen
Darüber hinaus entwarfen die Wissenschaftler*innen ein Schnittstellenkonzept, das eine werkzeugunabhängige Integration von SysML- und CAD-Modellen ermöglicht. Dadurch können domänenspezifische und domänenübergreifende Modelle konsistent verknüpft und Inkonsistenzen vermieden werden. Am Beispiel des Wankstabilisators demonstrierten sie, wie diese Methode zur frühzeitigen Integrationsplanung beitragen kann. Weitere Informationen
CRF2: Smart Mobility Data Handling: Mobilitätsdaten erfassen und auswerten (Georg-August-Universität Göttingen, Leibniz Universität Hannover, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Technische Universität Clausthal)
Zudem untersuchten die Wissenschaftler*innen Methoden, um mit widersprüchlichen Sensordaten in autonomen Fahrzeugen umzugehen. Ein Verfahren, das dabei hilft, ist die Novelty Detection. Dabei erkennt der Algorithmus neue, nicht passende Sensordaten und leitet diese Information an den Hersteller weiter. Zusätzlich erforschten die Wissenschaftler*innen die Möglichkeiten der Vehicle-to-Vehicle (V2V) und Vehicle-to-Infrastructure (V2I) Kommunikation, um Hindernisse zwischen Fahrzeugen oder mit zentralen Systemen auszutauschen. Weiter Informationen zum Umgang mit unterschiedlichen Sensordaten
Durch den Austausch von Sensordaten zwischen vernetzten Fahrzeugen und Infrastruktur (kollektive Wahrnehmung) kann die Umfelderfassung autonomer Fahrzeuge verbessert werden. Eine Herausforderung ist dabei die Überlastung des Kommunikationsnetzes durch redundante Informationen. Um dieses Problem zu lösen, entwickelten die Wissenschaftler*innen eine Regel zur Priorisierung von Nachrichten, die die Netzauslastung reduziert und die Erkennungsgenauigkeit steigert. Zudem entwickelten sie einen Algorithmus, der Objekte in verschiedenen Umfeldmodellen effizient zuordnet (Track-to-Track-Assoziation) und eine Echtzeitfusion der Daten ermöglicht. Simulationen zeigten, dass diese Ansätze besonders an Kreuzungen die Erfassung gefährdeter Verkehrsteilnehmender verbessern und das autonome Fahren zuverlässiger machen. Weitere Informationen zur kollektiven Wahrnehmung und zum entwickelten Algorithmus
CRF3: Mobility as a Solution: intermodale Mobilitätsketten - lückenloser Transport (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Hochschule Osnabrück, OFFIS – Institut für Informatik, Technische Universität Braunschweig)
Um zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen der Mobilität besser einschätzen zu können, erarbeiteten die Wissenschaftler*innen verschiedene Szenarien. Ab 2035 wird voraussichtlich das Szenario „Neues, grünes, digitales Zeitalter“ eintreten, das eine nachhaltige, vernetzte und effiziente Mobilität prognostiziert. Das Szenario umfasst Technologien wie autonom fahrende Fahrzeuge, intelligente Verkehrssteuerung, Elektrofahrzeuge, Sharing-Modelle und eine nahtlose Integration verschiedener Verkehrsmittel. Zur Unterstützung der Umsetzung wurden digitale Tools entwickelt, die es Städten und Kommunen ermöglichen, Mobilitätsszenarien virtuell zu testen und zu optimieren, bevor sie in die Praxis umgesetzt werden. Diese Tools fördern die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis und erleichtern die Einführung neuer Technologien. Weitere Informationen zum Szenario „Neues, grünes, digitales Zeitalter“
CRF4: Service-Driven Mobility: Effizienter Personen- und Güterverkehr (Leibniz Universität Hannover, Technische Universität Braunschweig, Technische Universität Clausthal)
Ein weiterer Untersuchungsgegenstand war die Shared und Micro Mobility mit Fokus auf E-Scootern in insgesamt 37 deutschen Städten. Die Wissenschaftler*innen wollten herausfinden, welche Faktoren die Nutzung von Shared Mobility und Micro Mobility beeinflussen und wie diese Angebote optimiert werden können. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Nutzung von Shared Mobility und Micro Mobility stark von temporalen, räumlichen und wetterbedingten Faktoren abhängt. Einigen Anbietern gelingt es besser als anderen, ihre Flotten effizient auszulasten. ML bietet großes Potenzial, um die Angebote zu optimieren: Es kann die Nachfrage vorhersagen, Fahrzeuge bedarfsgerecht bereitstellen, die Zeitplanung verbessern und Wartungsbedarfe analysieren. Die Wissenschaftler*innen entwickelten ein ML-gestütztes Service-Framework und Heat-Maps, die das Nutzungsaufkommen in den Städten zeigen. Diese Erkenntnisse helfen Anbietern, ihre Services gezielt zu verbessern, und liefern auch Impulse für die öffentliche Verkehrsplanung. Weitere Informationen zur Micro Mobility und zur ML-basierten Prognose der Bedarfe
Weitere Einblicke in das Zukunftslabor Mobilität
Im Anschluss an die Ergebnispräsentation blickte die Koordinatorin des Zukunftslabors, Petia Krasteva (Technische Universität Braunschweig) auf die Zusammenarbeit innerhalb des Projektes zurück. Sie hob hervor, dass die Wissenschaftler*innen über die vier Themenschwerpunkte verteilt das gesamte Mobilitätssystem analysierten: sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr und von der Mikromobilität (z. B. E-Scooter) bis hin zu Container- und Frachtschiffen. Daraufhin stellte Dr. Tobias Hesse (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) das Folgeprojekt „IMoGer – Innovative modulare Mobilität Made in Germany“ vor, das an das Zukunftslabor Mobilität anknüpfen wird. Das Projekt werde sich mit einem innovativen Fahrzeugkonzept beschäftigen, bei dem ein universelles Driveboard verschiedene Kapseln zum Transport von Gütern, Personen, etc. aufnehmen und somit modular eingesetzt werden könne. Prof. Dr. Andreas Rausch (Technische Universität Clausthal) ging in seiner Präsentation darauf ein, wie KI im autonomen Fahren eingesetzt werden kann, eine weitere KI zu überwachen. Im Rahmen des Zukunftslabors Mobilität hatte er dafür zwei Monitorings entwickelt: Das funktionale Monitoring überprüfe die Sicherheit der Fahrzeugfunktionen und erkenne Unstimmigkeiten in den Sensordaten, um das Fahrzeug in einen sicheren Zustand zu bringen. Das situative Monitoring prüfe, ob die Fahrumgebung in den KI-Trainingsdaten enthalten war und leite bei unbekannten Situationen Notmaßnahmen ein. Beide Systeme würden durch ein Command-and-Control-Center unterstützt, das im Notfall eingreifen könne. Einen weiteren Einblick in die Mobilitätsforschung gab Prof. Dr. David M. Woisetschläger (Technische Universität Braunschweig): Dabei ging es um die Herausforderungen von Mikromobilitätsanbietern durch regulatorische Eingriffe und mangelnde Rentabilität. Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors entwickelten einen datenbasierten Ansatz zur Optimierung der Nutzungsauslastung von Flotten entwickelt, wobei sie Daten aus 37 Städten und 50 Millionen Fahrten analysierten.
Podiumsdiskussion „Mobilität der Zukunft“
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Gert Bikker (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt), Prof. Dr. Andreas Rausch, Prof. Dr. David M. Woisetschläger und Prof. Dr. Thomas Vietor. Die Referenten betonten die Notwendigkeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die Akteure der Region stärker miteinander zu vernetzen. Dabei wurde hervorgehoben, dass die Kombination von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ein wichtiges Zukunftsthema sei, bei dem Synergien zwischen Energie- und Fahrzeuganbietern geschaffen werden sollten. Um die Akzeptanz neuer Mobilität zu fördern, wurde vorgeschlagen, Nutzer*innen frühzeitig in den Entwicklungsprozess einzubeziehen und Studierende zu Start-Ups und Ausgründungen zu befähigen.
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
Tel: 0441 9722-435
E-Mail: kira.konrad@zdin.de
www.zdin.de