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Jetzt anmelden22.06.2023
Im Winter 2022/2023 wurde der Fachkräftemangel im medizinischen und pflegerischen Bereich sehr deutlich. Die ungewöhnlich hohe Zahl an Atemwegserkrankungen führte zu Engpässen in der medizinischen Versorgung und zu kurzzeitigen Schließungen von Arztpraxen. Personal von Intensivstationen wurden in Kinderkliniken versetzt, um die akute Unterbesetzung aufzufangen. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig innovative Lösungen in Medizin und Pflege sind, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. In einem digitalen Gesundheitswesen können Patientendaten zwischen medizinischen Einrichtungen ausgetauscht und dadurch die Versorgung verbessert werden. Dementsprechend müssen die verwendeten IT-Systeme über Einrichtungs- und Sektorengrenzen hinweg kompatibel sein. Zudem sollten sie so gestaltet werden, dass sie die Fachkräfte entlasten. Das Zukunftslabor Gesundheit arbeitet daher an digitalen Innovationen, die das Gesundheitssystem langfristig verändern können.
Für den Austausch medizinischer Daten ist eine interoperable Plattform nötig, die es ermöglicht, unterschiedliche Datenformate zusammenzuführen, auszuwerten und weiterzuverarbeiten. Solche Datenplattformen sind oft Gegenstand von Forschungsprojekten. Der Aufbau setzt daher Expert*innenwissen voraus und ist mit Kosten verbunden. Expert*innenwissen zu teilen ist ein zentrales Ziel des Zukunftslabors Gesundheit.
Wir möchten Stakeholder aus der Medizininformatik dazu befähigen, eine interoperable Datenplattform für den Austausch medizinischer Daten selbstständig aufzubauen. Solch eine Plattform kann für Forschungsprojekte genutzt werden, aber auch für größere Einheiten wie Krankenkassen. Bei unserer Forschung nehmen wir auch die Technologieakzeptanz in den Blick, da (neue) Technologie nicht nur einfach zu benutzen sein muss, sondern auch gerne verwendet werden sollte.
Die Wissenschaftler*innen entschieden sich dafür, den Standard openEHR (open Electronic Health Record) zu nutzen. Dieser Technologiestandard ist frei verfügbar, sodass alle Marktteilnehmer*innen Zugriff darauf haben, um eigene Produkte bzw. Software-Lösungen zu entwickeln. Dadurch bietet openEHR die optimale Voraussetzung für Interoperabilität. openEHR ermöglicht die Verwaltung und Speicherung sowie den Abruf und den Austausch von Gesundheitsdaten in elektronischen Patientenakten.
Damit Interessent*innen eine auf openEHR basierende Datenplattform aufbauen können, erarbeiten die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Gesundheit eine Online-Dokumentation mit Anleitungen und hilfreichen Links. Um ihre Erfahrungen weitergeben zu können, bauten sie eine entsprechende Datenplattform selbst auf. Einige Software-Komponenten existierten bereits, auf die sie zurückgreifen konnten. Dazu zählt die EHRbase – ein openEHR-Server zur Datenverwaltung – und die NUM-Plattform, ein Portal zum Suchen und Abrufen von Daten, das vom Netzwerk der Universitätsmedizin (NUM) entwickelt wurde. Es fehlte aber ein Open Source Tool, um Daten zu importieren. Es gab bereits Lösungen (z. B. den HaMSTR Loader), allerdings waren diese zum damaligen Zeitpunkt experimentell und noch nicht mit allen openEHR-Servern kompatibel. Aus diesem Grund entwickelten die Wissenschaftler*innen den sog. openEHR_FLAT_Loader, der für den Import medizinischer Daten in die EHRbase genutzt werden kann. Diese drei Plattformwerkzeuge (openEHR-Server, NUM-Plattform, FLAT-Loader) können modular in eine Datenplattform integriert werden.
Die Wissenschaftler*innen nahmen eine Testinstanz der Datenplattform in Betrieb, um sie erproben, evaluieren und finalisieren zu können. In der Online-Dokumentation erklären die Wissenschaftler*innen, wie der FLAT-Loader und die anderen Werkzeuge funktionieren und in Betrieb genommen werden können. Dort gibt es außerdem einen Link, über den der Code für den FLAT-Loader heruntergeladen werden kann.
Im kommenden Jahr werden die Wissenschaftler*innen die Dokumentation evaluieren, um herauszufinden, wie effizient die verschiedenen Werkzeuge genutzt werden können, ob die Anleitung zielgruppengerecht ist und welches Verbesserungspotenzial es noch gibt. Zudem werden sie die NUM-Plattform noch so anpassen, dass die Stakeholder sie möglichst schnell und einfach für ihre Zwecke nutzen können. Nutzer*innen sollen über das NUM-Portal unkompliziert Zugriff auf für sie freigegebene Datensätze erhalten, um eine adäquate Datenbasis als Voraussetzung für ihre medizinische Forschung zu erhalten. Die geplanten Anpassungen betreffen daher vor allem die Usability und einen unkomplizierten Betrieb.