NEWSLETTER ABONNIEREN
Sie interessieren sich für die Projekte und Ergebnisse unserer Zukunftslabore? Unser Newsletter fasst die wichtigsten Ereignisse alle zwei Monate zusammen.
Jetzt anmeldenInformationstechnik ist bereits heute ein unverzichtbarer Teil moderner Maschinen und Prozesse in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Sie ermöglicht eine umfassende Vernetzung und Integration von Maschinen, Prozessen und Akteuren im landwirtschaftlichen Wertschöpfungsnetz. Dadurch werden sich Strukturen, Anwendungsroutinen und Geschäftsmodelle sowie deren wirtschaftlichen, sozialen und geographischen Umfelder verändern. Vernetzung stärkt das Informationspotenzial von Produzierenden und Konsumierenden im Wertschöpfungsnetz erheblich. Wichtige Informationen werden miteinander verknüpft, statt nur in ihrem engen Entstehungskontext nutzbar zu sein.
So könnten z. B. Lohnunternehmer*innen ihre Prozesse auf Basis der Ertrags- und Prozessdaten der letzten Zeit sowie der Eigenschaften des Saatguts im laufenden Jahr optimieren. Doch diese Informationen sind nicht frei verfügbar, sondern in den Systemen der Landwirt*innen abgespeichert, die auf diesen Feldern arbeiten und die diese sensiblen Daten nicht unbedingt an Dritte weitergeben möchten. Gleichzeitig erlaubt die Vernetzung der Wertschöpfungsbeiträge, den gestiegenen Bedarf nach Information und Transparenz durch Gesellschaft, Verwaltung und Politik zu befriedigen. Eine prozessübergreifende Datenvernetzung kann zeigen, dass Dünge- und Pflanzenschutzmittel in höchstem Maße bedarfs- und pflanzengerecht eingesetzt werden und dass präzise, situationsbezogene und individuelle Maßnahmen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung zum Tierwohl betragen.
Um die Rolle der Daten für die Landwirtschaft 4.0 vollumfänglich begreifen zu können, ist ein Blick auf die Herkunft und Funktion der Daten unerlässlich. Die Landwirtschaft steht in der Verantwortung, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen, die entweder direkt als Lebensmittel in den Handel kommen oder als Ausgangsprodukte für die Weiterverarbeitung von verschiedensten Lebensmitteln dienen. Diese Aufgabe ist hochkomplex, da sie von vielfältigen äußeren Faktoren wie Wetter und Bodeneigenschaften abhängt, die die Landwirt*innen nicht beeinflussen können. Dazu kommen weitere externe Einflüsse wie politische Rahmenbedingungen, veränderte Konsumgewohnheiten oder der Klimawandel. Insbesondere der Klimawandel beeinflusst die Agrarwirtschaft stark. Ungewöhnlich heiße Sommer und geringere Niederschläge beeinflussen den Ernteertrag negativ und gefährden Existenzen. Darüber hinaus wird der landwirtschaftliche Sektor in die Pflicht genommen, seinen Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels zu leisten (z. B. Reduzierung von Emissionen). Die Betriebe geraten immer mehr unter Druck, moderne Methoden und Verfahren einzusetzen, die zu den Klimaschutzzielen beitragen.
Mit der intensiven Bewirtschaftung von Daten können Agrarbetriebe diese Faktoren, die zunächst Probleme darstellen, in Chancen umwandeln. Zum Beispiel, indem Daten für die frühzeitige und effiziente Planung verschiedener Produktionsprozesse eingesetzt werden, die Wochen, Monate oder Jahre dauern können. Dazu zählen unter anderem moderne Verfahren zur ortsdifferenzierten und zielgerichteten Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen („Precision Farming“), bei denen langfristig verschiedene Kennwerte wie Erträge, Bodeneigenschaften und Nährstoffgehalte erfasst und dokumentiert werden. Ziel ist eine Intensivierung der Landwirtschaft auf einer gleichbleibend großen Nutzfläche, die gleichzeitig für eine ökologische Entlastung z. B. durch feinteilig differenzierte Bearbeitung und Multikulturen sorgt.
Es wird deutlich, dass innovative Technologien in der modernen Landwirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Aus diesem Grund beschäftigt sich das Zukunftslabor Agrar des ZDIN mit zwei zentralen Fragenstellungen der Digitalisierung im Agrarsektor. Die erste Frage beschäftigt sich mit dem technischen und rechtlichen Kern und dem Nutzen: Wie kann die sogenannte „Geschützte Transparenz“ in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsnetzen realisiert werden? Dabei geht es darum, die landwirtschaftlichen Daten zwischen den einzelnen Gliedern des Wertschöpfungsnetzes bedarfsorientiert zu vernetzen und gleichzeitig das nachvollziehbare Interesse der verschiedenen Akteure an der Wahrung ihrer Datenhoheit zu gewährleisten. Um diesen Konflikt in der Praxis auszuräumen, wird ein neues Konzept benötigt, das sowohl die Datentransparenz als auch den Schutz der Datenhoheit berücksichtigt. Diese „Geschützte Transparenz“ ist als praktische Voraussetzung für eine umfassende Digitalisierung in der Landwirtschaft anzusehen. Viele Prozesse in der modernen Agrarwirtschaft benötigen einen Austausch von Daten innerhalb des gesamten Wertschöpfungsnetzes. Das schließt zum einen vorgelagerte Prozesse ein, die z. B. zur Entscheidungsunterstützung bei der Saatauswahl oder der Planung zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Zum anderen geht es um nachgelagerte Prozesse, wie die Verarbeitung der Produkte oder den Verkauf im Handel. Durch die Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen können spezifische Produktionsparameter als Information an die Produkte gekoppelt werden, sodass Produktionsketten für die Verbraucher*innen transparent werden und sie gezielt diversifizierte Lebensmittel auswählen können.
Bei der zweiten zentralen Frage des Zukunftslabors geht es um die Wirkung der Digitalisierung. Nur wenn sie sich umfassend auf die ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Landwirtschaft auswirkt, ist die Digitalisierung sinnvoll und hilfreich. Dafür ist es erforderlich, die Voraussetzungen für die Digitalisierung der Landwirtschaft sowie ihre Auswirkungen zu verstehen, zu modellieren, zu dokumentieren und wenn möglich zu quantifizieren. Für die Akteure im Wertschöpfungsnetz (einschließlich Gesellschaft und Politik) wären belastbare Modelle von Nachhaltigkeitseffekten die Grundlage für eine rationale Entscheidung für oder gegen die Digitalisierung oder einen bestimmten Grad der Digitalisierung. Deswegen ist die Untersuchung der nachhaltigen Auswirkungen die zweite zentrale Fragestellung im Zukunftslabor Agrar.