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Jetzt anmeldenDigitale Technologien können dazu beitragen, die Be- und Entwässerung von Feldern und Küstengebieten intelligent zu steuern. Außerdem ermöglichen sie innovative Ansätze für den Natur- und Wasserschutz. Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Wasser untersuchen technologiegestützte Möglichkeiten anhand konkreter Anwendungsbeispiele. Ein Forschungsschwerpunkt gilt der KI-gestützten Auswertung von Bilddaten, die Aufschluss über den Zustand von Fließgewässern geben. Dies ist sowohl für das allgemeine Monitoring des Ökosystems Fluss hilfreich als auch für die frühzeitige Erkennung von Extremsituationen wie Hochwasser. Die Lösungsansätze können auf andere Gewässer übertragen werden.
In dem Anwendungsbeispiel des Zukunftslabors Wasser geht es darum, den Wasserstand in Flüssen digital mit Bildern zu ermitteln. Dafür werten die Wissenschaftler*innen Fotos der Flüsse mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) aus. Hierfür sind zwei Schritte erforderlich: die Segmentierung der Bilder und die Georeferenzierung des Wasserstandes.
Segmentierung von Bildern mittels Künstliche Intelligenz
Zunächst muss die KI die Wasserfläche auf dem Bild erkennen. Sie muss das Wasser von der restlichen Umgebung unterscheiden. Die Herausforderung besteht darin, dass Wasser auf Bildern sehr unterschiedlich aussehen kann (z. B. durch Farbe, Schaum, Spiegelungen) und die KI trotzdem die entsprechenden Flächen identifizieren muss.
Die Wissenschaftler*innen trainierten insgesamt sechs Algorithmen, darunter auch den SAM-Algorithmus von Meta AI mit zusätzlichen Daten, um deren Parameter und Genauigkeit zu optimieren. In ihrer Arbeit entwickelten sie den SAM-Algorithmus weiter, der dadurch zum präzisesten Algorithmus für die Segmentierung von Bildern wurde. Für das Training des Algorithmus kennzeichneten sie manuell die Wasserflächen in 700 Bildern und stellten diese dem Algorithmus zur Verfügung, damit er Schlussfolgerungen darüber ziehen konnte, was als Wasserfläche gilt und was nicht.
SAM ist ein äußerst anpassungsfähiges Segmentierungsmodell, das Objekte und Bilder segmentieren kann, die es zuvor noch nicht gesehen hat. Während diese Flexibilität eine Stärke ist, kann sie manchmal zu Herausforderungen bei der automatischen Segmentierung von Wasser vor dem Hintergrund führen. Um dieses Problem zu lösen, haben wir SAM speziell für die Segmentierung von Wasserflächen in Bereichen von Flüssen optimiert, indem wir einen großen Datensatz von über 700 manuell erfassten und bearbeiteten Flussbildern einbezogen haben, um den Algorithmus darin zu verbessern, Wasserflächen genau von anderen Bildelementen zu unterscheiden.
Georeferenzierung mithilfe fixer Referenzpunkte
Im zweiten Schritt ist es erforderlich, den Wasserstand zu ermitteln. Dafür nutzen die Wissenschaftler*innen feste Referenzpunkte wie z. B. Brücken oder bekannte Höhenmarkierungen. Die mittels KI erkannten Wasserflächen müssen dann mit dem Referenzpunkt kombiniert werden, um den Wasserstand abzuleiten. Zukünftig werden sich die Wissenschaftler*innen auch mit der Frage beschäftigen, welche weiteren Referenzpunkte (wie z. B. Bäume) für die Identifizierung des Wasserstandes genutzt werden können.
Untersuchungsgebiete im ländlichen Raum und in der Stadt
Die Wissenschaftler*innen nutzen den Fluss Leine im Umland der Stadt Hannover als reales Untersuchungsgebiet. Der Flusslauf außerhalb der Stadt wird von mehreren Brücken gekreuzt. Eine dieser Brücken ist die Stockmann-Brücke, an der bereits Sensoren angebracht sind. Diese können die Wissenschaftler*innen für die Überprüfung ihrer Ergebnisse nutzen. Außerdem ist dieses Gebiet überschwemmungsgefährdet und weist bei verschiedenen Wetterbedingungen unterschiedliche Wasserstände auf, was eine einzigartige Gelegenheit zum Sammeln wertvoller Daten bietet. Diese Faktoren machen den Fluss Leine zu einem idealen ersten Untersuchungsgebiet.
Darüber hinaus planen wir, in Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden in Hannover, ein weiteres Untersuchungsgebiet in Hemmingen sowie am Fluss Ihme an der Benno-Ohnesorg-Brücke einzubeziehen. Diese Untersuchungsgebiete befinden sich innerhalb der Stadt Hannover und im Umland, sodass wir auch städtische Fließgewässer untersuchen. Neben der Analyse von Wasserstandsdaten mittels Bildanalyse werden wir weitere hydraulische Parameter aus den Bilddaten extrahieren bzw. die Grundlagen hierfür schaffen und die Bildanalyse weiterentwickeln.
Datenplattform für Citizen-Science-Projekte
Ein weiteres Ziel des Zukunftslabors besteht darin, in Zusammenarbeit mit Bürger*innen eine Plattform für flussspezifische Parameter und Analysemethoden aufzubauen. Bei solchen Citizen-Science-Projekten können sich interessierte Bürger*innen auf verschiedene Arten beteiligen. Eine Möglichkeit der Interaktion ist es, eigene Fotos von Flussabschnitten zur Verfügung zu stellen. Hierzu werden u. a. an bestimmten Orten Smartphone-Halterungen fest installiert, an denen Bürger*innen ihr Smartphone platzieren können, um Fotos vom Fluss zu machen und diese hochzuladen.
Dadurch sowie anhand von Daten und Datenaustausch bereits bestehender Citizen-Science-Projekte und weiterer Quellen erhalten die Wissenschaftler*innen zahlreiche Bilddaten, die sie mittels KI auswerten können, um den Zustand des Flusses zu beobachten und zu analysieren. Die Bürger*innen erhalten im Gegenzug Informationen über das Forschungsprojekt oder über das Ökosystem des Flusses und der Umgebung sowie die Möglichkeit, sich aktiv an der Forschung zu beteiligen.
Ausblick 2024
Im kommenden Jahr werden die Wissenschaftler*innen mit weiteren Bildern aus den Untersuchungsgebieten die Wasserfläche mittels KI segmentieren und sich insbesondere auf die Ermittlung des Wasserstandes auf Basis unterschiedlicher Methoden der Georeferenzierung konzentrieren. Außerdem werden sie verschiedene bildgebende Verfahren vergleichen, um eine Übersicht zu den vorhandenen Ansätzen zu erstellen. Darunter fallen neben den Smartphone-Bildern z. B. auch Drohnenbilder sowie alle weiteren Bildverfahren im Nahbereich. Perspektivisch wollen sich die Wissenschaftler*innen über die Erfassung des Wasserstandes hinaus auch mit weiteren Parametern von Fließgewässern beschäftigen.