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Jetzt anmelden10.05.2022
Wer die Stadt Soltau im Internet recherchiert, findet zahlreiche Einträge zu touristischen Attraktionen wie dem Heide-Park Soltau, die Soltau-Therme oder Radtouren durch die Lüneburger Heide. Dass sich in Soltau ein Juwel der industriellen Forschung befindet, wissen oft nur Insider. Dr.-Ing. Norbert Hoffmann ist einer davor. Er arbeitet an der Technischen Universität Braunschweig am Institut für Füge- und Schweißtechnik (ifs) und erforscht insbesondere Prozessoptimierung und Energieeffizienz, Schweiß- und klebtechnische Verarbeitung von Aluminium-Druckgussbauteilen. Außerdem ist er wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leichtmetallzentrums Soltau (LMZS). Im Interview mit dem Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN) verrät er die Besonderheit des LMZS.
ZDIN: Herr Dr.-Ing. Hoffmann, was ist an dem Leichtmetallzentrum Soltau so besonders?
Hoffmann: Wir betreiben im Leichtmetallzentrum die europaweit einzige universitäre Druckgießanlage in einem industriellen Umfeld. Das bedeutet: Unsere Anlagentechnik steht im Gebäude der Firma G. A. Röders und ist somit in das industrielle Umfeld eines der ältesten Druckgießbetriebes Deutschland integriert. Dadurch sehen unsere Studierenden und Forschenden, wie der Druckguss in der Praxis funktioniert. Außerdem erhalten wir Unterstützung von der Röders Belegschaft, wenn es um Instandhaltung und Wartung geht. All dies ermöglicht uns einen exzellenten Austausch mit der Wirtschaft. Praxisorientierter geht es nicht.
ZDIN: Das bedeutet, Sie profitieren bei Ihrer Forschung von der Kooperation mit G. A. Röders. Aber das allein ist noch keine Garantie für Praxisorientierung, oder?
Hoffmann: Das stimmt! Wir sind nicht die Einzigen, die sich am LMZS einbringen. Verschiedene Firmen sind in diverse Forschungsprojekte involviert. Es existiert seit über 35 Jahren eine Fördergemeinschaft Druckgießforschung am ifs, die unsere Forschung tatkräftig unterstützt. Zu den Mitgliedern zählen neben Druckgießereien auch z. B. Anlagenhersteller, Trennstofflieferanten, Hersteller von Simulationstechnik. Dadurch können wir die gesamte Produktpalette im Zusammenhang mit dem Druckguss abbilden. Dies ermöglicht uns, das gesamte Umfeld des Druckgusses zu untersuchen, wie z. B. die Simulationstechnik oder den Werkzeugbau. Wir konzentrieren uns also nicht nur auf den Druckguss an sich, sondern können viel größer denken. Das Wissen all dieser Beteiligten läuft im LMZS zusammen. Wir profitieren gegenseitig vom Austausch und dem Knowhow der anderen. Darüber hinaus stehen wir im engen Kontakt zu Verbänden wie dem Bundesverband der deutschen Gießereiindustrie. Dadurch erhalten wir neue Kontakte aus der Wirtschaft und können Forschungsprojekte zielgerichtet für die Praxis durchführen.
ZDIN: Woran forschen Sie vor Ort?
Hoffmann: Unsere Forschung bezieht sich auch verschiedene Bereiche. Um einen Einblick zu geben, nenne ich ein paar Oberbegriffe: Wir untersuchen zum Beispiel verschiedene Arten des Fügens, wie das Schweißen oder das Kleben von Aluminium-Druckguß. Im Zusammenhang mit der Industrie 4.0 beschäftigen wir uns mit Datenerfassung und –auswertung. Des Weiteren haben wir Projekte zur Simulation des Druckgusses, z. B. die Eigenschaften von Produkten oder der CO2-Fußabdruck. Außerdem untersuchen wir Prozesse, u. a. hinsichtlich ihrer Energieeffizienz. Für das Schmelzen von Aluminium arbeiten wir am Einsatz von Wasserstoff als Energieträger. Darüber hinaus forschen wir an verschiedenen Werkstoffen und an den Einflüssen für die Lebensdauer von Druckgießwerkzeugen.
ZDIN: Können Sie uns konkrete Beispiele nennen?
Hoffmann: Sehr gern! Seitens des ZDIN forscht das Zukunftslabor Produktion an unserer Druckgießanlage in Soltau. Dabei geht es konkret darum, Sensoren in der Anlage zu integrieren, die unterschiedliche Größen messen, wie z. B. die Temperatur oder Kolbenbewegung. Diese messbaren Größen können einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Produkte haben. Die Kolleg*innen aus dem Zukunftslabor untersuchen, wie sich diese physikalischen Größen gegenseitig beeinflussen und wie sie sich auf das Endprodukt auswirken. Mithilfe von Simulationen können wir die gegenseitige Beeinflussung virtuell darstellen und wichtige Erkenntnisse ableiten. In der Simulation können wir die Variablen unterschiedlich einstellen. Dann wird virtuell ein Bauteil gegossen, welches wir virtuell bewerten können. Also können wir die Qualität des Bauteils auf Basis der Simulation hervorsagen, noch bevor wir es tatsächlich in der Anlage gießen. Dadurch können wir Optimierungsmaßnahmen identifizieren und enorme Kosten und Zeit einsparen.
Ein weiteres Projekt ist OptiProGRessAl, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird und am 01.01.2022 angelaufen ist. In diesem Projekt beschäftigen wir uns mit dem klimaneutralen Schmelzen von Aluminium und untersuchen die Herstellung hochwertiger sekundärer Aluminiumlegierungen, um Energie zu sparen. Hier geht es also um den CO2-Fußabdruck und die Gesamtbilanzierung des Aluminium-Druckgusses. An diesem Projekt arbeiten auch verschiedene Firmen mit, wie z. B. die BOHAI TRIMET Automotive Holding GmbH, G. A. Röders GmbH & Co. KG oder ChemTrend (Deutschland) GmbH.
ZDIN: Spannende Projekte! Sind demnächst noch weitere Forschungsvorhaben geplant?
Hoffmann: Es gibt immer etwas zu tun! Insbesondere hinsichtlich der aktuellen Bedürfnisse der Branche, wie die Energieeffizienz, die ressourcenschonende Produktion oder der CO2-Fußabdruck. Die Vielseitigkeit unseres Leichtmetallzentrums in Soltau bietet zahlreiche Möglichkeiten, stets Neues zu entdecken. Deshalb freuen wir uns über Unternehmen aus der freien Wirtschaft, die gemeinsam mit uns neue Forschungsvorhaben umsetzen wollen. An dieser Stelle möchte ich die Leser*innen gerne direkt ansprechen: Wenn Sie Interesse haben, gemeinsam mit uns innovative Projekte umzusetzen, dann wenden Sie sich gerne an mich! (norbert.hoffmann@tu-braunschweig.de)
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
Tel: 0441 9722-435
E-Mail: kira.konrad@zdin.de
www.zdin.de