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Jetzt anmeldenWer ist Avacon?
Die Avacon Gruppe bietet innovative und regionale Energielösungen in den Bereichen Strom, Gas, Wasser, Wärme, Kälte, Mobilität und Beleuchtung. Avacon versorgt kommunale, gewerbliche und private Kund*innen mit Energie. Hierbei verfolgt Avacon das Ziel, durch mehr Energieeffizienz, Digitalisierung und Nachhaltigkeit die Energiewende voranzubringen. Avacon hat daher großes Interesse an Synergieeffekten zwischen Informations-, Kommunikationstechnik und Energiesystemen sowie an dem Einfluss von Digitalisierung auf die Effizienz, Optimalität und Stabilität dezentraler Energieautomatisierungskonzepte.
Welche Herausforderung gab es?
Um Kund*innen mit ausreichend Energie versorgen zu können, wird der Energiebedarf anhand sogenannter Standardlastprofile ermittelt. Dabei handelt es sich um errechnete Prognosen, die den Strom- oder Gasverbrauch für verschiedene Verbraucher*innen (private Haushalte, Gewerbe) im Viertelstundentakt vorhersagen. Darauf aufbauend prognostizieren Netzbetreiber wie die Avacon Netz GmbH die Auslastung ihrer Netze und die in diesen nachgefragte Energiemengen. Aktuell erfolgt diese Planung noch auf der Basis von Standardlastprofilen, die der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) im Jahre 1999 erstellt hat. Um die Auslastung der Netze und die bereitgestellten Energiemengen zukünftig genauer prognostizieren und dadurch effizienter bewirtschaften zu können, benötigen Netzbetreiber aktuelle Verbrauchsstände der Kund*innen, die idealer Weise automatisiert erfasst und an die Betreiber übertragen werden.
Die Aufzeichnung der Messwerte erfolgt im Netzgebiet von Avacon Netz GmbH vermehrt über moderne Messeinrichtungen. In einem Pilotprojekt hat das Unternehmen ein System entwickelt, das die Zählerstände privater Haushalte, die durch moderne Messeinrichtungen aufgenommen wurden, automatisiert und kontinuierlich übertragbar macht. Hierbei wird ein Gerät eingesetzt, das über eine optische Schnittstelle die Zählerstände abliest und die Daten über eine Verbindung (sogenanntes Gateway) an die empfangsberechtigte Avacon Netz GmbH überträgt. Außerdem ermöglicht eine Smartphone App, den Stromverbrauch zu visualisieren und die Daten auszuwerten. Im Rahmen des Pilotprojektes wurden bei freiwilligen Testpersonen aus dem Umfeld des Unternehmens ihre Zählerstände mithilfe der Messeinrichtung automatisiert übertragen. Insgesamt wurden auf diesem Weg mehr als 200.000 Zählerstände übermittelt. Die Herausforderung bestand darin, diesen umfangreichen Datensatz zu analysieren, um Aussagen über den aktuellen Strombedarf im Netzgebiet der Avacon Gruppe tätigen zu können.
Wie sah der Lösungsweg aus?
Im Rahmen einer Bachelorarbeit analysierte der Student Jannik Pohl (Technische Universität Braunschwieg, elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme) die erfassten Zählerstände der Testpersonen. Neben dem Stromverbrauch an sich betrachtete er auch die Schwankungen im Verbrauch abhängig von der Tageszeit. Auf der Basis seiner Auswertung erstellte er Lastprofile, die er auf das Gebiet der Avacon Netz GmbH hochrechnete. Diese Hochrechnungen verglich er mit den Standardlastprofilen des BDEW. Dabei stellte er Abweichungen fest, die bezogen auf den einzelnen Haushalt nicht ausschlaggebend sind, für das gesamte Gebiet der Avacon Netz GmbH aber einen signifikanten Einfluss haben. Im Anschluss daran identifizierte Herr Pohl den Nutzen der detaillieren Verbrauchswerte, die durch die Messeinrichtung erhoben werden, für Messstellenbetreiber, Netzbetreiber, Stromlieferanten und Kund*innen. Dies fasste er in sogenannten Anwendungsfällen zusammen, die er anschließend mithilfe einer Nutzwertanalyse bewertete. In diesem Zusammenhang analysierte er einerseits den Zeitaufwand und die Kosten für die Installation und Wartung der Messeinrichtungen. Andererseits betrachtete er die Kostenreduzierung durch die automatisiert übertragenen Verbrauchsdaten und die auf Basis der detaillierteren Verbrauchsprofile mögliche effizientere Netzauslastung.
Welche Ergebnisse liegen vor?
Für die vier Zielgruppen Messstellenbetreiber, Netzbetreiber, Stromlieferanten und Kund*innen liegen Anwendungsfälle für die moderne Messeinrichtung in Kombination mit Avacons Gateway (Kombination aus optischem Auslesegerät, Gateway zur Übertragung und Application zur Verbrauchsvisualisierung) vor. Um einen Eindruck der Anwendungsfälle zu vermitteln, wird hier exemplarisch für jede Zielgruppe Nutzen vorgestellt: Für den Messstellenbetreiber (in diesem Fall die Avacon Netz GmbH) vereinfacht das Produkt die Erhebung der Stromverbräuche, da die Zähler bei den Kund*innen nicht mehr manuell abgelesen werden müssen, sondern die Daten automatisiert übertragen werden. Die Kund*innen profitieren davon, dass die Avacon Netz GmbH die Stromverbräuche exakt ermitteln und individuelle Pläne zur Energieeinsparung erstellen kann. Stromlieferanten können flexible Tarife anbieten, die den konkreten Stromverbrauch und bestimmte Verbrauchszeiten einkalkulieren. Dadurch werden ihre Angebote interessanter für Kund*innen. Netzbetreiber wie die Avacon Netz GmbH können dank der Messeinrichtung die Verbrauchsprofile schärfen und damit die Stromgebiete effizienter bewirtschaften und ihre Bilanzierung verbessern.
Die Zusammenarbeit mit dem ZDIN/ZLE in Form des elenia Instituts für Hochspannungstechnik und Energiesysteme und die daraus entstandene Bachelorarbeit lieferte der Avacon Netz GmbH funktionale Anwendungsfälle für den Einsatz des entwickelten Zusatzproduktes für moderne Messeinrichtungen. Die im Zuge dessen durchgeführte Nutzwertanalyse lieferte sinnvolle Vergleichswerte zur Validierung und Erweiterung der bei der Avacon Netz GmbH bereits entwickelten Anwendungsfälle. Zudem konnte durch die in Kooperation entstandene Bachelorarbeit das aus dem Einsatz von Messeinrichtungen und Zusatzprodukt hervorgehende Potential abgeschätzt und dessen unternehmensspezifischer Nutzen bewertet werden.
Was hat das ZDIN beigetragen?
Zwischen Avacon und dem elenia Institut bestand bereits eine Kooperation in Form eines Lehrauftrags: Dr. Johannes Schmiesing von der Avacon Netz GmbH liest am elenia Institut die Vorlesung „Technologien der Verteilungsnetze“, deren Inhalt u. a. der moderne Messstellenbetrieb ist und steht darüber hinaus im engen Austausch mit Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel aus dem Zukunftslabor Energie. Dr. Schmiesing stellte den Kontakt zwischen Christoph Seffner, Referent für den Messtellenbetrieb bei der Avacon Netz GmbH, und dem Zukunftslabor Energie her, welches bei der Datenauswertung und –analyse des Pilotprojektes zu modernen Messeinrichtung unterstützte. Die Wissenschaftler*innen stellten z. B. die notwendige Software für die Auswertung der Messdaten zur Verfügung. Sie brachten außerdem ihr wissenschaftliches Knowhow bei der Anwendung mathematischer Methoden zur Auswertung der Daten ein. Des Weiteren nahmen sie eine Einschätzung vor, wie sich die regulatorischen Rahmenbedingungen (z. B. Regelungen zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gemäß §14a EnWG – Energiewirtschaftsgesetz) zukünftig ändern könnten und welche Auswirkungen dies auf die Messeinrichtungen haben würde. Durch die Zusammenarbeit mit dem Zukunftslabor Energie konnte Avacon sein konkretes Anliegen – die wissenschaftliche Begleitung bei der Auswertung der über 200.000 Zählerstände und die Nutzwertanalyse der Messeinrichtungen – wissenschaftlich fundiert umsetzen.