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Jetzt anmeldenDie private Mobilität befindet sich im Umbruch: Der Wunsch nach Flexibilität und das ökologische Bewusstsein der Menschen nehmen zu. Immer mehr Personen steigen auf E-Bikes um und nutzen Lastenräder für ihre Einkäufe. Diese Entwicklungen fördern innovative Konzepte der Mobilität. Sharing-Dienste werden beliebter – sei es bei PKWs, Fahrrädern oder E-Scootern. Nutzer*innen verzichten auf den Besitz eigener Fahrzeuge und sparen die Kosten für Pflege und Wartung. Dieser Trend kann dazu beitragen, die Anzahl der Fahrzeuge zu reduzieren und dadurch sowohl Rohstoffe als auch Emissionen einzusparen. Deshalb ist es wichtig, dass neue Mobilitätskonzepte den Ansprüchen der Nutzer*innen gerecht werden und ihnen einen deutlichen Mehrwert bringen. Darüber hinaus müssen die Services auch für die Anbieter ökonomisch attraktiv sein, was derzeit gerade im Bereich der Shared Mobility herausfordernd ist. Nur durch attraktive und ökonomisch tragfähige Angebote können herkömmliche Verhaltensweisen nachhaltig verändert werden.
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Mobilität erforschen Produkte und Dienstleistungen, die den Personennahverkehr effizienter gestalten können, darunter den Anwendungsfall der Micro Mobility. Damit sind Angebote gemeint, die für die individuelle Mobilität konzipiert sind und eine Fortbewegung mit Kleinstfahrzeugen (z. B. Fahrräder, E-Scooter, Segways) ermöglichen. Ziel der Wissenschaftler*innen ist es, Erfolgsfaktoren dieser Services zu ermitteln und daraus Handlungsempfehlungen für bestehende und neue Anbieter abzuleiten. Je besser die Angebote sind, desto mehr Personen werden diese nutzen und zu einer nachhaltigeren Mobilität beitragen.
Datenerhebung und -auswertung von Micro-Mobility-Angeboten
Im Forschungsjahr 2022 hatten die Wissenschaftler*innen bereits damit begonnen, mithilfe des Webscraping Informationen über die Nutzung von Micro Mobility (MM) zu erheben. Beim Webscraping werden Informationen von den Websites der MM-Anbieter automatisiert erfasst. Diese Datensammlung führten die Wissenschaftler*innen 2023 fort. Außerdem reicherten sie die Daten um temporale, räumliche, wetterbedingte und anbieterspezifische Faktoren an, um Zusammenhänge zwischen der MM-Nutzung und diesen Faktoren zu erkennen. Das Ziel bestand darin herauszufinden, welche Umstände die Nutzung von Micro Mobility fördern, um daraufhin Prognosen zu Nachfragen zu ermöglichen. Die Wissenschaftler*innen stellten einen umfangreichen Datenschatz zur Nutzung von MM-Services zusammen und visualisierten die Daten in einem Online-Tool. Das Ergebnis zeigt, dass Menschen Mirco Mobility vor allem im Sommer, an Wochenenden und in Verbindung mit Großveranstaltungen nutzen. Einigen Anbietern gelingt eine bessere Flottenauslastung als anderen – bei gleichen Bedingungen (Wetter, Ort etc.).
Wir haben im Laufe unserer Forschung viele Mobilitätsdaten aus verschiedenen Städten und von mehreren Anbietern erhoben. Dieser Datenschatz ist nicht nur für uns Wissenschaftler*innen wertvoll, um innovative Mobilitätskonzepte zu erforschen und zu optimieren. Sie sind auch für Kommunen, die Anbieter der Micro Mobility Services oder des Öffentlichen Personennahverkehrs eine wichtige Grundlage für strategische Entscheidungen.
Anwendung von Machine Learning (ML) zur Prognose von Micro-Mobility-Bedarfen
Die Wissenschaftler*innen führten eine Literaturrecherche durch, um herauszufinden, inwiefern ML zur Ermittlung der Micro-Mobility-Bedarfe eingesetzt werden kann. Dadurch stellten sie fest, dass der Einsatz von ML für verschiedene Aufgaben erfolgversprechend ist. Insbesondere im operativen Geschäft zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Fahrten ist ML hilfreich: Vor den Fahrten kann ML das Angebot auf den aktuellen räumlichen und zeitlichen Bedarf (z. B. für das Pendeln zur Arbeit) zuschneiden und dafür sorgen, dass die entsprechenden Bedarfe abgedeckt sind, indem die Fahrzeuge wirklich dort zur Verfügung stehen, wo sie genutzt werden. Während der Fahrten, z. B. beim Ride Sharing, kann ML die Zeitplanung von Fahrzeugen optimieren. Das bedeutet, dass ein Fahrzeug, welches einen Kunden von A nach B fährt, in der Nähe vom Zielort einen neuen Fahrgast mitnimmt, sodass kein zweites Fahrzeug angefordert werden muss. Nach den Fahrten kann ML den Wartungsbedarf der genutzten Fahrzeuge analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass ML das Potenzial hat, bestimmte Schritte zu automatisieren und der lokalen Geschäftseinheit Detailentscheidungen abzunehmen. Darüber hinaus ist ML erfolgversprechend für bestimmte Bereiche der strategischen oder taktischen Planung, insbesondere um dem Management durch die Auswertung von großen Datensätzen eine solide Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.
Entwicklung eines Machine-Learning-Algorithmus
Die Wissenschaftler*innen nutzen die Daten auch, um die vorhandenen Micro-Mobility-Angebote mittels ML zu optimieren. ML kann die Nutzungsdaten auswerten und Antworten geben auf Fragen wie: Wann ist wo mit welchem Aufkommen zu rechnen? Wie gelangt eine Person von A nach B? Das Ziel ist es, den Bedarf an Micro Mobility Services vorherzusagen und somit Empfehlungen für Anbieter abzuleiten. Daher entwickelten und trainierten die Wissenschaftler*innen einen ML-Algorithmus auf Basis der erhobenen Micro-Mobility-Nutzungsdaten. Das Ergebnis der Auswertung veranschaulichten sie in einem Gitternetz, das die räumliche Umgebung der Stadt Hannover abbildet. Sie erstellten aus den Start- und Enddaten der MM-Nutzung eine Auslastungs-Heat-Map für das Stadtgebiet:
Die Heat-Map ist für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen hilfreich. Auch für Entscheider*innen im öffentlichen Nahverkehr ist die Heat-Map nützlich, weil sie Informationen zum Einsatz der Flotte bietet: Wenn auf einer bestimmten Strecke besonders viele Micro Mobility Services genutzt werden, scheint es einen großen Bedarf an Transportmitteln zu geben, sodass hier z. B. (weitere) Busse eingesetzt werden könnten.
Ausblick
Im Forschungsjahr 2024 werden die Wissenschaftler*innen den ML-Algorithmus zur Vorhersage des Micro-Mobility-Bedarfes weiterentwickeln. Außerdem werden sie untersuchen, weshalb es einigen Anbietern besser gelingt, ihre Flotte auszulasten. Dafür werden sie den Marketingmix der Anbieter analysieren, also die Produkt- und Preisgestaltung sowie die Distribution und Kommunikation der Angebote.