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Jetzt anmeldenDigitalisierung als Antwort auf drängende Fragen
Digitale Technologien haben das Potenzial, die großen Herausforderungen der Gesundheitssysteme der westlichen Welt adäquat zu beantworten. In einer alternden Gesellschaft, wie der unseren, steigt beispielsweise die Zahl der chronisch kranken Menschen kontinuierlich an und damit auch der Bedarf an Leistungen im Bereich Medizin und Pflege. Gleichzeitig zeigt sich der branchenübergreifende Fachkräftemangel auch im Gesundheitswesen. Gerade für ländliche Bereiche können sich daraus gravierende Versorgungslücken ergeben, die neue Formen der medizinischen Betreuung erforderlich machen.
Antworten auf diese Problematik liefern beispielsweise telemedizinische Methoden. Darunter fallen verschiedenartige ärztliche Versorgungskonzepte, die medizinische Leistungen in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilitation über räumliche Entfernungen hinweg erbringen. Ein Beispiel: Bei der Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten haben sich sogenannte „telemedizinische Stroke Units“ seit Jahren bewährt. Kleine Krankenhäuser stellen dabei per Videoübertragung eine Verbindung zu einem spezialisierten Schlaganfallzentrum her und können so ihren Patientinnen und Patienten eine optimale Behandlung bieten.
Für ein Flächenland wie Niedersachsen hat die Digitalisierung medizinischer Forschung und Gesundheitsversorgung ein hohes Potenzial. Sie kann beispielsweise dabei helfen, in ländlichen Räumen eine hohe Lebensqualität über alle Altersphasen zu erhalten. Zukünftig brauchen Mediziner eine umfassendere Ausbildung, um zu verstehen, wo die Möglichkeiten und Grenzen der selbstlernenden Systeme liegen, die bereits viele Diagnoseverfahren verbessern können. Ein wesentlicher Faktor für eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheitsversorgung ist daher die Vermittlung von Wissen, Methoden und Technologien an relevante Zielgruppen wie Patientinnen und Patienten sowie Vertretende der Gesundheitsberufe als potenzielle Endanwender. Nur so können digitale Kompetenzen ausgebaut, ein kritischer Umgang mit Gesundheitsdaten ermöglicht und schließlich die Teilhabe am sich wandelnden Gesundheitssystem sichergestellt werden.
Bei aller Technologie: Der Mensch steht im Mittelpunkt
Zwar ist die moderne Medizin schon lange nicht mehr ohne Technologie denkbar, aber die Digitalisierung wird den Einsatz von Technik nochmals stark erhöhen und auf weitere Bereiche ausweiten. Ein wesentlicher Unterschied wird unter anderem die aktive Einbeziehung der Patientinnen und Patienten sein, beispielsweise wenn es um die regelmäßige Überprüfung des eigenen Gesundheitszustandes geht. Bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems gilt es daher vor allem den Patienten als Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Schwerpunkt bei der Arbeit im Zukunftslabor Gesundheit wird somit in der Ausarbeitung konkreter Anwendungsfälle für die Praxis liegen. Sie sollen nicht nur grundsätzlich die Potenziale digitaler Technologien aufzeigen, sondern die Vorteile speziell aus Sicht der Menschen beleuchten.
Es geht um Vertrauen in digitale Technologien, die in einem sehr sensiblen Lebensbereich zur Anwendung kommen. Vertrauen wird zudem auf weiteren Ebenen der Digitalisierung benötigt, beispielsweise wenn es um den Schutz persönlicher Gesundheitsdaten geht. Es entstehen in der medizinischen Forschung und in der Gesundheitsversorgung zunehmend größere Datenmengen, in denen sich relevante Informationen verbergen. Dazu kommen vermehrt Daten, die die Patientinnen und Patienten selbst generieren. Im Konzept der datenbasierten Medizin werden diese Datenmengen maschinell auf Zusammenhänge, Muster und Anomalien hin untersucht, die unter anderem Erkenntnisse zur Entstehung und Behandlung von Volkskrankheiten liefern können. Diese Datengrundlage muss jedoch erst noch geschaffen werden. Die Trennung der Versorgung und der Forschung verteilt die Daten eines Individuums bislang auf verschiedene Systeme. Zudem werden diese Daten häufig in unterschiedlicher Qualität erhoben und liegen in verschiedenen Strukturen vor. Das Zukunftslabor Gesundheit entwickelt daher eine vernetzte Forschungsplattform, die eine strukturierte, standardisierte Speicherung digitaler Gesundheitsdaten ermöglicht.
Für die Akzeptanz einer solchen Plattform ist der Datenschutz von zentraler Bedeutung. Dabei ist eine Pseudonymisierung der Daten, wie sie aktuelle Datenschutzkonzepte im Zuge der EU Datenschutzgrundverordnung (EU DS-GVO) einsetzen, nicht ausreichend. Benötigt wird stattdessen eine technische Lösung zum Erhalt der Privatsphäre, die aggregierte medizinische Daten auch für den Fall von unautorisierten Zugriffen zuverlässig schützt. Zusätzlich ist eine größtmögliche Transparenz darüber herzustellen, wie mit den Daten umgegangen wird und was genau damit geschieht. Kontrovers diskutierte Felder wie die Personalisierte Medizin müssen schließlich technische und ökonomische Anforderungen und Möglichkeiten genauso adressieren, wie ethische und datenschutzrechtliche Aspekte.
Was noch zu tun ist
Niedersachsen mit seinen vielen ländlich geprägten Regionen weist einige Besonderheiten auf, die vom Zukunftslabor Gesundheit als Forschungsschwerpunkte identifiziert wurden. Sie sollen jeweils bestehende Stärken aufnehmen und Schwächen berücksichtigen.
Der erste Schwerpunkt ist die „Translationale Medizin“. Niedersachsen weist zahlreiche Einrichtungen mit erfolgreicher medizinischer Forschung auf und verfügt mit seinen Universitätskliniken über Wissenszentren einer Hochleistungsmedizin. Die Translation zwischen diesen Welten ist ein hoch relevanter und wichtiger Schritt, ohne den eine personalisierte Medizin oder Systemmedizin nicht möglich sein wird. Es gibt hierzu bereits erste Projekte in Niedersachsen, die zum Beispiel die standortübergreifende Datenintegration der klinischen Versorgung und Forschung vorantreiben. Zudem beschäftigen sich zahlreiche Aktivitäten mit den Bereichen Sensorik und Signalverarbeitung oder mit der Entwicklung von Assistenzsystemen. Um künftig eine personalisierte Medizin oder Systemmedizin zu ermöglichen, müssen diese Aktivitäten auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden.
Im Schwerpunkt „Versorgung in der Fläche“ geht es um die Frage, wie die Digitalisierung eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung außerhalb der Ballungsräume und Städte erreichen kann. Eine Möglichkeit ist die Schaffung einer Schnittstelle zu niedergelassenen Ärzten, die mit einem geeigneten Datenaustausch bei der Behandlung und der Ausbildung unterstützen können. Darüber hinaus geht es um den Einsatz neuer Technologien im Bereich der häuslichen Pflege und der Gesundheitsversorgung. So können assistierende Gesundheitstechnologien und mobile Systeme dabei helfen, eine größtmögliche Selbstständigkeit und eine hohe Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erhalten.
Nicht zuletzt wird das Zukunftslabor Gesundheit unter dem Schwerpunkt „Gesundheit der Zukunft“ die gesellschaftliche Diskussion um die Auswirkungen der Digitalisierung aktiv begleiten. Ziel ist es, dass jeder und jede Einzelne sich selbstbestimmt und informiert entscheiden kann, welche digitalen Gesundheitsdienste den individuellen Ansprüchen an Vorsorge und Privatsphäre gerecht werden. Ein Beispiel sind die Daten, die von Fitness- oder Health-Assistenten erzeugt werden. Diese können für die Beurteilung des Gesundheitszustandes und als Frühwarnsystem eingesetzt werden, stellen aber potentiell auch einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre dar. Der Auftrag besteht darin, diese Chancen und Risiken allgemeinverständlich darzustellen und so die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen in der Wahrnehmung ihrer informationellen Selbstbestimmung zu unterstützen.
ÜBER DAS ZUKUNFTSLABOR GESUNDHEIT:
Zukunftslabor-Sprecher: Prof. Dr. Ramin Yahyapour, Universitätsmedizin Göttingen
Beteiligte wissenschaftliche Einrichtungen:
• Hochschule Hannover - Abteilung Information und Kommunikation
• Hochschule Osnabrück - Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen
• Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth - Institut für Technische Assistenzsysteme
• Leibniz Universität Hannover - Forschungszentrum L3S
• Leibniz Universität Hannover - Institut für Informationsverarbeitung
• Medizinische Hochschule Hannover - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik
• Technische Universität Braunschweig - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik
• Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Abteilung Assistenzsysteme und Medizintechnik
• Universitätsmedizin Göttingen - Institut für Medizinische Informatik
Zum Start beteiligte Praxispartner: 4